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Literature: Der Sandmann.

  Seite 16: Der Sandmann.



deutscher Text English text
 

Mir war es, als sei ich in schweren kalten Stein eingepreßt - mein Atem stockte! - Die Mutter ergriff mich beim Arm als ich unbeweglich stehen blieb: »Komm Nathanael, komme nur!« Ich ließ mich fortführen, ich trat in meine Kammer. »Sei ruhig, sei ruhig, lege dich ins Bette! - schlafe - schlafe«, rief mir die Mutter nach; aber von unbeschreiblicher innerer Angst und Unruhe gequält, konnte ich kein Auge zutun. Der verhaßte abscheuliche Coppelius stand vor mir mit funkelnden Augen und lachte mich hämisch an, vergebens trachtete ich sein Bild loszuwerden. Es mochte wohl schon Mitternacht sein, als ein entsetzlicher Schlag geschah, wie wenn ein Geschütz losgefeuert würde. Das ganze Haus erdröhnte, es rasselte und rauschte bei meiner Türe vorüber, die Haustüre wurde klirrend zugeworfen. »Das ist Coppelius!« rief ich entsetzt und sprang aus dem Bette. Da kreischte es auf in schneidendem trostlosen Jammer, fort stürzte ich nach des Vaters Zimmer, die Türe stand offen, erstickender Dampf quoll mir entgegen, das Dienstmädchen schrie: »Ach, der Herr! - der Herr!« - Vor dem dampfenden Herde auf dem Boden lag mein Vater tot mit schwarz verbranntem gräßlich verzerrtem Gesicht, um ihn herum heulten und winselten die Schwestern - die Mutter ohnmächtig daneben! - »Coppelius, verruchter Satan, du hast den Vater erschlagen!« - So schrie ich auf, mir vergingen die Sinne. Als man zwei Tage darauf meinen Vater in den Sarg legte, waren seine Gesichtszüge wieder mild und sanft geworden, wie sie im Leben waren. Tröstend ging es in meiner Seele auf, daß sein Bund mit dem teuflischen Coppelius ihn nicht ins ewige Verderben gestürzt haben könne.

 

I felt as if I were turned to cold, heavy stone - my breath stopped. My mother caught me by the arm as I stood immovable. 'Come, come, Nathaniel!' I allowed myself to be led, and entered my chamber! 'Be quiet - be quiet - go to bed - go to sleep!' cried my mother after me; but tormented by restlessness and an inward anguish perfectly indescribable, I could not close my eyes. The hateful, abominable Coppelius stood before me with fiery eyes, and laughed maliciously at me. It was in vain that I endeavored to get rid of his image. About midnight there was a frightful noise, like the firing of a gun. The whole house resounded. There was a rattling and rustling by my door, and the house door was closed with a violent bang. 'That is Coppelius !' I cried, springing out of bed in terror. Then there was a shriek, as of acute, inconsolable grief. I darted into my father's room; the door was open, a suffocating smoke rolled towards me, and the servant girl cried: 'Ah, my master, my master!' On the floor of the smoking hearth lay my father dead, with his face burned, blackened and hideously distorted - my sisters were shrieking and moaning around him - and my mother had fainted. 'Coppelius! - cursed devil! You have slain my father!' I cried, and lost my senses. When, two days afterwards, my father was laid in his coffin, his features were again as mild and gentle as they had been in his life. My soul was comforted by the thought that his compact with the satanic Coppelius could not have plunged him into eternal perdition.


Vokabular  
 

in schweren kalten Stein gepresst, versteinert sein = to be petrified

 

unbeweglich = immovable

 

kein Auge zutun können = to not close an eye

 

hämisch = malicious

 

Mitternacht = midnight

 

das Geschütz = gun

 

ohnmächtig = fainted

 

verruchter Satan = cursed devil

 

die Sinne vergingen = to lose senses

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