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Literature: Der Sandmann.

  Seite 36: Der Sandmann.



deutscher Text English text
 

Wie erstaunte* Nathanael, als er in seine Wohnung wollte und sah, daß das ganze Haus niedergebrannt war, so daß aus dem Schutthaufen nur die nackten Feuermauern hervorragten. Unerachtet das Feuer in dem Laboratorium des Apothekers, der im untern Stocke wohnte, ausgebrochen war, das Haus daher von unten herauf gebrannt hatte, so war es doch den kühnen, rüstigen Freunden gelungen, noch zu rechter Zeit in Nathanaels im obern Stock gelegenes Zimmer zu dringen, und Bücher, Manuskripte, Instrumente zu retten. Alles hatten sie unversehrt in ein anderes Haus getragen, und dort ein Zimmer in Beschlag genommen, welches Nathanael nun sogleich bezog. Nicht sonderlich achtete er darauf, daß er dem Professor Spalanzani gegenüber wohnte, und ebensowenig schien es ihm etwas Besonderes, als er bemerkte, daß er aus seinem Fenster gerade hinein in das Zimmer blickte, wo oft Olimpia einsam saß, so, daß er ihre Figur deutlich erkennen konnte, wiewohl die Züge des Gesichts undeutlich und verworren blieben. Wohl fiel es ihm endlich auf, daß Olimpia oft stundenlang in derselben Stellung, wie er sie einst durch die Glastüre entdeckte, ohne irgend eine Beschäftigung an einem kleinen Tische saß und daß sie offenbar unverwandten Blickes nach ihm herüberschaute; er mußte sich auch selbst gestehen, daß er nie einen schöneren Wuchs gesehen; indessen, Clara im Herzen, blieb ihm die steife, starre Olimpia höchst gleichgültig und nur zuweilen sah er flüchtig über sein Kompendium herüber nach der schönen Bildsäule, das war alles.

 

How surprised was Nathaniel when, proceeding to his lodging, he saw that the whole house was burned down, and that only the bare walls stood up amid the ashes. However, although fire had broken out in the laboratory of the apothecary who lived on the ground-floor, and had therefore consumed the house from top to bottom, some bold active friends had succeeded in entering Nathaniel's room in the upper story in time to save his books, manuscripts and instruments. They carried all safe and sound into another house, where they took a room, to which Nathaniel moved at once. He did not think it at all remarkable that he now lodged opposite to Professor Spalanzani; neither did it appear singular when he perceived that his window looked straight into the room where Olympia often sat alone, so that he could plainly recognize her figure, although the features of her face were indistinct and confused. At last it struck him that Olympia often remained for hours in that attitude in which he had once seen her through the glass door, sitting at a little table without any occupation, and that she was plainly enough looking over at him with an unvarying gaze. He was forced to confess that he had never seen a more lovely form but, with Clara in his heart, the stiff Olympia was perfectly indifferent to him. Occasionally, to be sure, he gave a transient look over his textbook at the beautiful statue, but that was all.

*erstaunen (trans. Verb, hat): er erstaunte mich durch seine Ehrlichkeit
*erstaunen (intr. Verb, bin): sich wundern über

Vokabular  
 

unerachtet, heute: ungeachtet (präp.) = despite

 

unverwandten Blickes = fixed stare

 

die Bildsäule = expression for: the immobile Olympia

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